K.O.-Tropfen

Merkmale und Tatsachen

 

Was sind K.O.-Tropfen und wo kommen sie zum Einsatz?

K.O.-Tropfen sind Substanzen, die Personen nach der Einnahme betäuben, in einen willen- und hilflosen Zustand versetzen und Erinnerungsstörungen bewirken.

Täter mischen K.O.-Tropfen gezielt in Getränke von vor allem jungen Frauen, hauptsächlich um Sexualstraftaten oder andere Delikte, wie Diebstahl, zu begehen. Die meisten denken bei K.O.-Mitteln an öffentliche Clubs oder Veranstaltungen, doch auch auf betrieblichen und privaten Partys oder in anderen privaten Kontexten kann es zu einem solchen Übergriff kommen. Gerade bei sogenannten „Date-Rapes“, also sexualisierter Gewalt bei online vereinbarten Dates, kommen häufig K. O.- Tropfen zum Einsatz. Die meisten Täter sind den Betroffenen bekannt. Auch Freunde oder Bekannte können Täter sein.

 

Verabreichung, Wirkstoffe und Ablauf

Meist wird flüssiges, farbloses und nahezu geschmacksneutrales GHB oder GBL eingesetzt und in die Getränke der Betroffenen gemischt. Aber auch in Form von Pulver und Kapseln können die Substanzen verabreicht werden. Teilweise werden sie auch über Essen zugeführt oder den Betroffenen über kleine Spritzen verabreicht (sogenanntes „Needle Spiking“). Die verwendeten Wirkstoffe sind häufig Mixturen aus Benzodiazepinen, Chloralhydrat und Barbituraten. GHB ist auch als „Liquid Ecstasy“ bekannt und ist dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt. GBL ist in Deutschland legal erhältlich und wird vom Körper jedoch zu GBH umgewandelt. Auch Ketamin, wird als Wirkstoff verwendet. Die Mittel weisen leichte Unterschiede in ihrer Wirkung auf, haben jedoch, je nach Dosierung, alle eine entspannende und enthemmende Wirkung und können zur Bewusstlosigkeit führen. Außerdem rufen sie Erinnerungsstörungen ab dem Zeitpunkt der Einnahme hervor. Die Wirkungen können bereits nach 10-20 Minuten einsetzen. Insbesondere in Verbindung mit Alkohol und anderen Betäubungsmitteln oder in hoher Dosierung können die Präparate lebensbedrohlich sein.

Unmittelbar nach der Verabreichung wirken die Betroffenen vor allem betrunken. Schon bevor die Präparate vollumfänglich wirken, werden die Betroffenen willenlos und leicht manipulierbar, wirken aber auf Außenstehende zurechnungsfähig. Dadurch können die Täter häufig unentdeckt bleiben. Sie nutzen diesen Moment, um mit den Betroffenen in Kontakt zu kommen, ihre Hilfe anzubieten oder um mit ihnen an einen anderen Ort zu gehen. In manchen Fällen handelt es sich auch um Tätergruppen, sodass die Betroffene abgelenkt werden kann, während ein anderer das Mittel verabreicht. Bei entsprechend hoher Dosierung fallen die Betroffenen nach einer gewissen Zeit in einen tiefen Schlaf oder werden bewusstlos. Die Wirkung dauert je nach Dosierung mehrere Stunden an. Häufig fehlen den Betroffenen mit Nachlassen der Wirkung die Erinnerungen an die Geschehnisse.

Sobald die Betroffenen wieder zu sich kommen, können sie unter starker Übelkeit, Erbrechen, Panik- und Angstzuständen leiden. Manche Betroffene erleben noch tagelang Konzentrationsstörungen und ihr Erinnerungsvermögen setzt immer wieder aus. Sie bezweifeln ihre eigenen Gefühle stark. Wenn nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass solche Symptome oder ein Black-Out durch Alkohol- oder Drogenkonsum hervorgerufen wurde, sollten K.O-Tropfen in Betracht gezogen werden.

 

Folgen

Die fehlenden Erinnerungen sind ein großes Problem, wenn Frauen und Mädchen unter der Wirkung von K.O.-Tropfen sexualisierte Gewalt erlebt haben. Sie wachen an Orten auf, die sie nicht kennen, wissen nicht, wie sie dorthin gelangt sind und was in den letzten Stunden vorgefallen ist. Trotz der Erinnerungslücke können sie aber – wie Betroffene von anderen Formen sexualisierter Gewalt – posttraumatische Symptome entwickeln. Aufgrund der mangelnden oder nur teilweisen Erinnerung an den Vorfall können sie die Beschwerden jedoch nicht zuordnen. Dies stellt eine zusätzliche Belastung dar.

Die erlebte Gewalt kann für die Betroffenen, aber auch für ihr soziales Umfeld, viele, unter Umständen gravierende Folgen haben.

 

Hohe Dunkelziffer

Die Dunkelziffer der Anzahl der Betroffenen ist sehr hoch. Aufgrund der Nähe zur Wirkung anderer Betäubungsmittel, wie Alkohol oder anderer Partydrogen wird häufig nicht erkannt, dass K.O.-Mittel im Spiel sind. Außerdem sind die eingesetzten Betäubungsmittel nur bis zu 6 Stunden im Blut und bis zu 12 Stunden im Urin nachweisbar. Um eine entsprechende Gewalttat nachweisen und möglicherweise anzeigen zu können, muss daher schnell gehandelt werden. Doch auch nach Ablauf dieser Zeit, sollten Urin- und Blutproben gemacht werden. In dieser Situation schnell zu handeln, kann für die Betroffenen jedoch sehr herausfordernd sein. Unter anderem die Hürden in der Beweissicherung sowie die mangelnde Sensibilisierung beteiligter Berufsgruppen sind zentrale Gründe für die wenigen zur Anzeige gebrachten und verurteilten Fälle. Als weitere erschwerende Bedingung kommt hinzu, dass nicht alle Labore auf K.O.-Tropfen testen können und dass die Kosten in der Praxis häufig von den Betroffenen selbst übernommen werden müssen.

 

Needle Spiking

In den letzten Jahren wurden in Europa immer wieder Fälle von vorwiegend Frauen gemeldet, in denen der Verdacht auf Needle Spiking besteht. Needle Spiking meint, dass Täter anderen Personen über Spritzen unbekannte Substanzen injizieren. Die gemeldeten Fälle trugen sich meist in dichten Menschenmassen wie in Clubs oder auf Festivals zu. Die Betroffenen berichten unter anderem von Übelkeit, Muskelversagen, Lähmungserscheinungen und Bewusstseinsausfällen. Da es sich um ein relativ neues Phänomen handelt, gibt es zwar vereinzelte, gesicherte Fälle, jedoch keine belastbaren Zahlen über das Ausmaß und die verabreichten Substanzen. Umso wichtiger ist es, dass Ärzt*innen, Polizist*innen und Jurist*innen für das Thema sensibilisiert sind.