Gewaltschutz und Flucht:
Asyl- und Aufenthaltsrechtliche Regelungen

1. Welche Rechte und Pflichten bestehen während eines Asylverfahrens?

Grundlegenge Informationen zu asyl- und aufenthaltsrechtlichen Regelungen, zum Asylverfahren, aber auch zur Familienzusammenführung oder besonders vulnerabler Gruppen Geflüchteter, finden sich auf der Webseite der GGUA Flüchtlingshilfe: http://www.ggua.de/aktuelles/

Folgende Zusammenstellung von Arbeitsmaterialien zu Rechten und Pflichten während des Asylverfahrens ist hilfreich für die Beratung und Unterstützung geflüchteter Frauen:

Mitwirkungspflichten, insb. Passbeschaffung

Während des Asylverfahrens haben die Asylsuchenden besondere Pflichten. Hierzu gehört insbesondere die Pflicht, das Verfahren zu betreiben. Dies beinhaltet, nach unerlaubter Einreise unverzüglich den Asylantrag stellen, sich unverzüglich zu der zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung zu begeben, persönlich beim BAMF vorzusprechen und an der Anhörung zu den Asylgründen teilzunehmen. Außerdem müssen die Personen während des gesamten Verfahrens für die Behörden immer erreichbar sein. Dies wird gewährleistet durch die Wohnsitzverpflichtung und die Residenzpflicht in den ersten Monaten des Verfahrens. Ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten kann im Extremfall die Einstellung des Verfahrens zur Folge haben, ohne dass jemals die Gründe für die Flucht und den Asylantrag geprüft wurden.

Außerdem haben die Personen die Pflicht, Dokumente, die sich bereits in ihrem Besitz befinden, der Behörde auszuhändigen und so an der Klärung ihrer Identität mitzuwirken. Eine Passbeschaffungspflicht besteht hingegen während des laufenden Asylverfahrens nicht. Im Gegenteil bedeutet eine Passbeantragung bei der Botschaft des Herkunftslandes in diesem Stadium des Verfahrens, dass sich die Person erneut unter den (diplomatischen) Schutz des Staates stellt, aus dem sie aus Furcht vor Verfolgung geflohen zu sein angibt. Dies kann im Widerspruch stehen zu ihren Fluchtgründen. Einzige Ausnahme ist, wenn der Pass zur Eheschließung benötigt wird, da eine solche ohne Vorlage eines Passes schlicht nicht möglich ist.

Im Status einer Duldung besteht allerdings sehr wohl die Verpflichtung einen Pass zu beschaffen, wenn ein solcher noch nicht vorliegt und diese Nichtvorlage den Grund für die Duldung bildet. Diese Personen „ungeklärter Identität“ müssen, wenn sie einen Pass nicht vorlegen können, nachweisen, dass sie alle unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbaren Handlungen vorgenommen haben, um einen Pass oder einen Passersatz zu beschaffen. Zu den als zumutbar geltenden Handlungen gehört insbesondere, bei den Botschaften des Herkunftsstaates persönlich vorzusprechen und dort die erforderlichen Angaben und Erklärungen abzugeben – mitunter auch eine Erklärung über die Freiwilligkeit der Ausreise, wenn davon die Passausstellung abhängig gemacht wird. Außerdem sind auch die vom Herkunftsstaat festgelegten Gebühren zu zahlen, soweit deren Höhe nicht unzumutbar ist.

Ein Verstoß gegen die Verpflichtung, in dieser Art an der Passbeschaffung mitzuarbeiten, kann zum einen dazu führen, dass nur noch eine „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ nach § 60 b AufenthG, die sogenannte „Duldung light“, erteilt wird. Diese ist mit noch weiter gehenden Einschränkungen versehen ist. Zum anderen können die ohnehin schon reduzierten Leistungen weiter gekürzt und ein Bußgeld in Höhe von bis zu 5000 € verhängt werden.

2. Was sind Verfahren nach der Dublin III-Verordnung?

Unter folgendem Link finden Sie Informationen zu Verfahren nach der Dublin-III-Verordnung:

https://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de/de/dublin-iii-verordnung-verordnung-eg-nr-6042013/

3. Was sind die Unterschiede zwischen Duldung, verschiedenen Aufenthaltstiteln und Schutzstatus?

Für eine trennscharfe Erläuterung der Begriffe siehe Glossar.

4. Wie unterscheidet sich das Asylverfahren für gewaltbetroffene Frauen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten?

Das Besondere für Geflüchtete und somit auch für von Gewalt betroffene geflüchtete Frauen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten ist, dass die Bundesrepublik aufgrund einer Bewertung der Lage in dem jeweiligen Land grundsätzlich davon ausgeht, dass in diesen Ländern keine politische Verfolgung oder menschenrechtswidrige Behandlung stattfindet.

Daraus folgt für jede aus diesen Ländern stammende Person in der Regel die Vermutung, dass sie dort nicht verfolgt wird. Ihr Asylantrag wird daher regelmäßig als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Die geflüchtete Person muss nun in einem deutlich verkürzten Verfahren Tatsachen und Beweismitel vorlegen, dass ihr – abweichend von dieser Vermutung – doch Verfolgung droht. Dies bedeutet insbesondere, dass der Vortrag der Verfolgung sehr konkret und detailliert erfolgen muss und sich nicht allein auf die allgemein schwierige Situation im Herkunftsland beschränken darf. Über Schutzgesuche von Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten soll in einem „beschleunigten Verfahren“ (§ 30 a AsylG) binnen Wochenfrist vom Bundesamt entschieden werden.

Die sogenannten sicheren Herkunftsländer werden in einer Liste, die Anlage des Asylgesetzes ist, aufgeführt. Die Liste wird alle zwei Jahre überprüft. Derzeit (Stand August 2020) gehören dazu: die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik Montenegro, Senegal, Serbien (Art. 16a GG, Anlage II zu § 29 AsylG).

Weitere Einschränkungen für Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten:

Es gibt weitere Einschränkungen für Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, welche die Unterbringung betreffen. Unter anderem sind für sie eigene, besondere Erstaufnahmeeinrichtungen vorgesehen, in denen sie für die Dauer des Asylverfahrens und ggfls. bis zur Ausreise leben müssen. Die Betroffenen können in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, wenn sie Rechtsmittel gegen eine negative Asyl-Entscheidung einlegen, indem ihnen eine Residenzpflicht auferlegt wird. Oftmals werden sie auch mit einem Arbeitsverbot belegt und ihnen können Geldleistungen gekürzt werden. Wie schnell und strikt von diesen Sanktionsmaßnahmen Gebrauch gemacht wird, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Noch haben nicht alle Bundesländer diese gesetzlichen Vorgaben umgesetzt, so dass es in der Praxis (noch) nicht immer zur Anwendung dieser Regelungen kommt. In welchen Fällen geschlechtsspezifische Gewalt bei geflüchteten Frauen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten als Asylgrund geltend gemacht werden kann, wird im Kapitel Geschlechtsspezifische Gewalt als Asylgrund bei Frage 1 beantwortet.

5. Was bedeutet es, wenn ein Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wird?

Die Ablehnung eines Asylantrages  als „offensichtlich unbegründet“ bedeutet einen erheblich eingeschränkten Rechtsschutz und weitere Einschränkungen beim Verbleib in Deutschland.

Gegen  eine Entscheidung des Bundesamtes  über ein Asylbegehrens als „offensichtlich unbegründet“ muss Klage innerhalb von nur einer Woche (statt wie sonst zwei Wochen) erhoben werden. Die Klageerhebung führt aber anders als bei einer Ablehnung als „einfach unbegründet“ nicht automatisch dazu, dass bis zum Abschluss des Klageverfahrens für die Person alles so bleibt wie bisher.

Vielmehr kann die Ausländerbehörde während des laufenden Klageverfahrens dazu auffordern, an der Beschaffung von Reisedokumenten für eine Abschiebung mitzuwirken und im Extremfall sogar ins Herkunftsland abschieben. Um dies zu vermeiden, muss zusätzlich zur Klage ebenfalls binnen Wochenfrist ein Eilrechtsschutzantrag gestellt werden. In diesem müssen bereits die Verfolgungsgeschichte und daraus resultierende Verfolgungsfurcht vollständig und ausführlich vorgetragen und begründet sowie Beweise vorgelegt werden. Dies bedeutet unmittelbar nach Erhalt der negativen Entscheidung binnen Wochenfrist einen enormen Arbeitsaufwand und damit eine schwer zu nehmende Hürde.

6. Was bedeuten Wohnsitznahmeverpflichtung und Residenzpflicht für Asylsuchende und Geduldete?

Ab der Stellung eines Asylantrages  besteht  für Asylsuchende in der ersten Zeit eine Reglementierung ihrer Freizügigkeit. So sind sie verpflichtet, an einem bestimmten Ort zu wohnen (Wohnsitznahmeverpflichtung) und auch in ihrer Bewegungsfreiheit (Residenzpflicht) beschränkt.

Residenzpflicht

Residenzpflicht bedeutet, dass die betreffende Person nicht ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde die Stadt oder den Landkreis verlassen darf. Wenn die Residenzpflicht endet, kann die Person in ganz Deutschland reisen und unterwegs sein und auch bei Freund*innen übernachten. Für die Wahrnehmung eines Termins bei einer Behörde oder einem Gericht, bei dem das persönliche Erscheinen erforderlich ist, bedarf es keiner vorherigen Erlaubnis zum Verlassen des zugewiesenen Aufenthaltsortes. Die Residenzpflicht gilt für Personen im Asylverfahren ab dem Tag der Antragstellung und kann laut Gesetz nach drei Monaten enden (§59 a AsylG), es sei denn die Person ist auch über die drei Monate hinaus verpflichtet, in einer (Erst-)Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

Dies ist seit einer Gesetzesverschärfung die Regel geworden. Denn nunmehr besteht die Pflicht zum Wohnen in der Erstaufnahmeeinrichtung – und damit auch die Residenzpflicht – bis zur Entscheidung über den Asylantrag und bei dessen Ablehnung bis zur Ausreise, längstens jedoch 18 Monate, bei Familien mit Kindern längstens 6 Monate (siehe Genaueres unten bei Wohnsitznahmeverpflichtung).

Die bedeutet, dass auch Personen, die später als Flüchtlinge und Asylberechtigte anerkannt werden, möglicherweise 18 Monate verlieren, die sie andernfalls zur Integration hätten nutzen können.

Beendet wird die Pflicht zum Wohnen in einer Aufnahmeeinrichtung und damit die Residenzpflicht auch dadurch, dass die betroffene Person Bescheid erhält in eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine Wohnung umzuziehen. Dies bedeutet, dass die Bundesländer die Möglichkeit haben, die Dauer der Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen durch die Zuweisung auf die Kommunen zu verkürzen.

Für eine Beschäftigung in einem anderen Landkreis, für den Schulbesuch, für eine betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder theoretisch auch für ein Studium kann die Genehmigung zum Verlassen des Ortes, für den die räumliche Beschränkung gilt, erteilt werden. Ob die Behörde die Erlaubnis erteilt, liegt in den meisten Fällen in deren Ermessen. Ein Rechtsanspruch darauf besteht nur, wenn ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Erfahrungsgemäß ist es kein Problem, eine Erlaubnis für Familienangelegenheiten (Krankenbesuch, Hochzeit, Sterbefall etc.) oder wichtige Arztbesuche zu bekommen.

Wenn der Aufenthaltsbezirk ohne Erlaubnis verlassen wird, besteht darin eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet wird. Bei mehrfachen Verstößen kann es auch zu einer Geldstrafe oder einer Gefängnisstrafe kommen. Noch wichtiger ist, dass eine höhere Geld- oder Gefängnisstrafe zur Folge haben kann, dass ein späteres humanitäres Aufenthaltsrecht gefährdet ist (s. Ausweisung). Ein Strafverfahren wegen Residenzpflichtverletzung sollte deshalb ernst genommen werden.

Eine räumliche Beschränkung (Residenzpflicht) kann auch nach Ablauf eines Asylverfahrens angeordnet werden, wenn die betreffende Person im Besitz einer Duldung ist, insbesondere wenn die Person wegen einer Straftat verurteilt wurde oder konkrete Maßnahmen zur Beendigung ihres Aufenthaltes bevorstehen. Verschärfend soll eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde auch dann angeordnet werden, wenn eine Abschiebung vorher durch falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit von der Person angeblich selbst verhindert wurde oder wenn bei der Beschaffung von Passpapieren etc. nicht wie erforderlich mitgewirkt wurde.

Bei Menschen mit einer Duldung kann die Ausländerbehörde zusätzlich „Maßnahmen zur Förderung der Ausreise“ treffen, wie z.B. die Verpflichtung, sich zur Aufenthaltsüberwachung regelmäßig bei der Ausländerbehörde zu melden oder eine Rückkehrberatung in Anspruch zu nehmen (§ 46 AufenthG). Im Zusammenhang damit ist die Verpflichtung, sich nachts immer in der Unterkunft aufzuhalten, von  Gerichten abgelehnt worden. Die Gerichte urteilten, dass eine entsprechende Anordnung einen sinnvollen Bezug zum Zweck der Vorschrift haben müsse und nicht in Schikane mit strafähnlichem Charakter ausarten dürfe. Ein  „nächtlicher Hausarrest“ sei aber eine Freiheitsbeschränkung für die es in dieser Form keine Rechtsgrundlage gebe.

Die Verpflichtung, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass sich die Person nachts außerhalb der Wohnung aufhalten möchte (z.B. durch einen Zettel an der Zimmertür), wurde demgegenüber allerdings für rechtmäßig gehalten.

Bei Verstoß gegen Mitwirkungspflichten, die den asylsuchenden Personen auferlegt wurden, kann selbst diese Dauer von 18 Monaten nochmals verlängert werden. Zusätzlich können die Länder regeln, dass die 18-Monatsfrist in bestimmten Fällen auf 24 Monate verlängert wird. Hiervon haben zum Beispiel Bayern und Nordrhein-Westfalen Gebrauch gemacht.

Wohnsitznahmeverpflichtung

Mit Antragstellung werden Asylsuchende einer Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen. Sie sind dann für die Dauer von längstens 18 Monaten, Familien mit minderjährigen Kindern bis zu 6 Monate, verpflichtet dort zu wohnen. Beendet wird die Pflicht zum Wohnen in einer Aufnahmeeinrichtung aber sofort, wenn die betroffene Person einen positiven Bescheid in ihrem Asylverfahren erhält.

Sie wird auch dadurch verkürzt, dass der Person gestattet wird, in eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine Wohnung umzuziehen. Dies bedeutet, dass die Bundesländer die Möglichkeit haben, die Dauer der Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen durch die Zuweisung auf die Kommunen zu verkürzen.

Besondere Regeln gelten einmal mehr auch für Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten. Bei den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten handelt es sich um Länder, von denen der Gesetzgeber annimmt, dass dort aufgrund eines demokratischen Systems und der allgemeinen politischen Lage eine politische Verfolgung generell nicht zu befürchten ist und dass der jeweilige Staat grundsätzlich auch vor Verfolgung durch andere Personen auf seinem Staatsgebiet schützen kann. Die sogenannten „sicheren Herkunftsländer“ werden. In einer Liste, die Anlage des Asylgesetzes ist, aufgeführt. Die Liste wird alle zwei Jahre überprüft. Derzeit (Stand August 2020) gehören dazu: die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik Montenegro, Senegal, Serbien (Art. 16a GG, Anlage II zu § 29 AsylG).

Mit Ausnahme der EU-Bürger*innen unter ihnen sind diese Personen verpflichtet, für die Dauer ihres Asylverfahrens in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Wird ihr Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ oder „unzulässig“ abgelehnt, gilt dies sogar bis zu ihrer Ausreise. Während dieser Zeit dürfen sie nicht arbeiten und das in ihrer Aufenthaltsgestattung genannte Gebiet nur dann vorübergehend verlassen, wenn sie eine Erlaubnis vom Bundesamt erhalten.

Informationen des Flüchtlingsrat Niedersachsen zur Wohnsitzauflage:
https://www.nds-fluerat.org/leitfaden/24-status-bei-aufnahme-aus-dem-ausland/wohnen-umziehen-reisen/

7. Exkurs: Was bedeutet die Schaffung der so genannten Ankerzentren für die dort untergebrachten Geflüchteten?

Zur leichteren Organisation und Durchsetzung der Wohnsitzverpflichtung und der damit zusammenhängenden Kontrolle der Bewohner*innen wurden in einigen Bundesländern so genannte Ankerzentren geschaffen.

AnkER steht für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“. Die im August 2018 geschaffenen Zentren sind Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen Geflüchtete im Gegensatz zu anderen Erstaufnahmeunterkünften bis zum Ende ihres Asylverfahrens verbleiben. Zudem sollen Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, direkt aus den Ankerzentren abgeschoben werden.

Erklärtes Ziel der Ankerzentren ist es, die Asylverfahren „effizienter“ zumachen. Dafür sollen in den Einrichtungen alle Behörden vertreten sein, die am Asylverfahren beteiligt sind, wie das BAMF, die Bundesagentur für Arbeit, die Ausländerbehörde, das Sozialamt und Verwaltungsgerichte. Tatsächlich gibt es aktuell in Deutschland acht Ankerzentren: sechs in Bayern sowie jeweils eins im Saarland und in Sachsen. Ein Ankerzentrum in Bayern wurde Ende 2019 wieder geschlossen.

Oftmals geschieht die Anhörung dort Innerhalb einer Woche, nach einem Monat kann der Bescheid kommen. Personen, die gegen einen negativen Bescheid klagen, bleiben jedoch oft zwei bis drei Jahre im Ankerzentrum – obwohl der aktuelle Koalitionsvertrag eine Maximaldauer von 18 Monaten beziehungsweise sechs Monaten für Familien vorsieht.

Geflüchtete sind in den Ankerzentren mit zahlreichen Problemen konfrontiert. In manchen Einrichtungen können die Bewohner*innen etwa ihre Zimmer nicht abschließen und haben kaum Rückzugsmöglichkeiten. In einigen Fällen müssen sich mehrere Familien einen Raum teilen. Polizeieinheiten, die auch bei Fußballspielen und Demonstrationen eingesetzt werden, gehen ein und aus, um Lebensmittel, Wasserkocher oder Deosprays zu konfiszieren.

Die Asylverfahrensberatung in den Ankerzentren wird vom BAMF durchgeführt – zunächst in Gruppengesprächen und bei Bedarf in Einzelgesprächen. Oft wird jedoch nur die Gruppenberatung durchgeführt, in der allgemein über das Asylverfahren informiert, aber nicht auf die individuelle Situation der Geflüchteten eingegangen wird. Gelegentlich darf – abgesehen von den Mitarbeitenden der Behörden oder der Wohlfahrtsverbände – niemand in das Ankerzentrum hinein. Außerhalb liegende Beratungsangebote müssen von den asylsuchenden Personen erst einmal gefunden werden. Viele Betroffene fürchten zudem, dass sich der Kontakt zu unabhängigen Hilfsorganisationen negativ auf ihr Asylverfahren auswirkt. So wird der Zugang zu Rechtsberatung erheblich erschwert, was insbesondere für Personen mit „schlechter Bleibeperspektive“ oft einen negativen Verfahrensabschluss in sehr kurzer Zeit bedeutet.

Ärzt*innen und Psychiater*innen kritisieren belastende Faktoren wie den unzureichenden Schutz vor Übergriffen, fehlende Privatsphäre und nächtliche Ruhestörung. Es gebe in der Ankereinrichtung kein systematisches Vorgehen, um besonders schutzbedürftige Bewohner*innen zu identifizieren. Selbst wenn besondere Bedarfe festgestellt worden seien, gebe es kein Prozedere und kein ausreichendes Personal, um den Menschen die notwendige Unterstützung zu ermöglichen. Die Organisation Ärzte der Welt hat sich deshalb aus Protest im Oktober 2019 aus dem sogenannten Ankerzentrum Manching/Ingolstadt zurückgezogen.

8. Wie ist das Verhältnis zwischen Ausländerbehörde und BAMF und was sind die jeweiligen Zuständigkeiten?

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist dem Bundesinnenministerium unterstellt. Das BAMF ist zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens, das heißt für die formale und inhaltliche Prüfung des Asylantrags. Das BAMF hat in jedem Bundesland mindestens eine, oft mehrere Außenstellen. Die Antragsstellung erfolgt persönlich. Beim BAMF bzw. in einer der Außenstellen erfolgt auch die persönliche Anhörung im Asylverfahren.

Beim BAMF werden persönliche Daten und Fingerabdrücke der Asylsuchenden aufgenommen und gespeichert. Die Daten werden in die europäische Datenbank EURODAC eingespeist und zunächst wird abgeglichen, ob nach der Dublin III-Verordnung ein anderes europäisches Land für das Asylverfahren zuständig ist. Falls nicht, ist Deutschland und somit das BAMF für das Asylverfahren zuständig.

Außerdem gibt es in jedem Bundesland mehrere Erstaufnahmeeinrichtungen (EAEs). EAEs sind oft an BAMF-Außenstellen angedockt.

Ausländerbehörden

Ausländerbehörden sind Landesbehörden oder kommunale Behörden. Die Ausländerbehörden sind zuständig für die Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Regelungen (gemäß Aufenthaltsgesetz). Dazu zählt der Vollzug von Entscheidungen im Asylverfahren, das heißt Gestattung von Umzügen, Erteilung von Arbeitserlaubnissen, Regelungen des Aufenthalts nach positiven Entscheidungen, aber auch die Umsetzung von Ausweisungen und Abschiebungen. Im Anschluss an ein positiv entschiedenes Asylverfahren sind die Ausländerbehörden an die Entscheidung des BAMF gebunden. D.h. sie erteilen Aufenthalts- und Niederlassungserlaubnisse für anerkannte Asylberechtigte, Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte laut der gesetzlichen Vorgaben. Bei allen anderen Migrant*innen also z.B. ausländischen Studierenden, Hochschulabsolvent*innen, Arbeitende, Familienangehörige etc. sind die Ausländerbehörden die Entscheidungsträger.

Die Ausländerbehörden stellen für den Zeitraum des Asylverfahrens auch die Aufenthaltsgestattungen sowie während des Dublinverfahrens oder nach endgültigem negativem Ausgang des Asylverfahrens die Duldungen aus.