Zum Safe Abortion Day am 28.09.: ELSA-Studie verweist auf reproduktive Kontrolle und Versorgungslücken
Die am 13. August veröffentlichte ELSA-Studie* macht deutlich: Frauen, die während einer ungewollten Schwangerschaft Partnergewalt erleben, sind besonders belastet – und im Hilfesystem oft unzureichend versorgt.
Ergebnisse der ELSA-Studie
Im Zusammenhang mit der Partnergewalt steigt auch die reproduktive Kontrolle – das zeigt die ELSA-Studie eindrücklich:
- Bei Gewaltbetroffenheit verfünffacht sich das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft und verdreifacht sich das Risiko eines Schwangerschaftsabbruchs. Bei sexueller Gewalt erhöht sich das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft sogar um das 23fache und für einen Abbruch um das Fünffache.
- Bei Gewalterfahrung berichteten Frauen signifikant häufiger von einer ungewollten Schwangerschaft, einer Schwangerschaft verursacht durch erzwungenen Sex, einem Schwangerschaftsabbruch und seltener von einer gewollt ausgetragenen Schwangerschaft, wobei sie gleichzeitig deutlich häufiger verhüten, gleichwohl aber die Verhütung häufiger durch den Partner kontrolliert oder eingeschränkt wird.
- Signifikant häufiger berichteten gewaltbetroffene Frauen von einer Kontrolle oder Einschränkung der Verhütung durch den Partner. Der reproduktive Zwang äußerte sich am häufigsten durch das Ablehnen der Kondomanwendung, die Zugangsverweigerung zu Verhütungsmitteln – wie Pille, Spirale etc. oder das Beschädigen bzw. Entfernen des Kondoms während des Geschlechtsverkehrs.
Gefragt nach den Themen, bei denen sie sich mehr Unterstützung von ihrer Ärztin/ihrem Arzt gewünscht hätten, geben Frauen, die während einer ungewollten Schwangerschaft Partnergewalt erleben, signifikant häufiger mehr Informationen zum Umgang mit Gewalt in der Paarbeziehung an.
Vor diesem Hintergrund verweist die ELSA-Studie auf ein Interventionsfenster gegen Partnergewalt im Rahmen der medizinischen Beratung von Schwangeren, das genutzt werden sollte.
Forderungen des bff
Als Bundesverband, der sich gegen Gewalt an Frauen einsetzt, begrüßt der bff Empfehlungen der Studie und bekräftigt sie mit seinen Forderungen:
- Sensibilisierung aller Beteiligten in Beratung und medizinischer Versorgung für die Situation gewaltbetroffener ungewollt Schwangerer.
- Flächendeckende, niedrigschwellige und barrierefreie Zugänge zu sicherem Schwangerschaftsabbruch – auch und gerade für Frauen in Gewaltbeziehungen.
- Ein klarer Fokus auf Parteilichkeit und Selbstbestimmung in der Beratung – besonders, wenn die betroffene Frau vom Partner begleitet wird.
- Stärkere Vernetzung zwischen Beratungsstellen für Schwangerschaftskonflikte und Fachberatungsstellen bei häuslicher und sexualisierter Gewalt.
- Ausbau von psychosozialen und medizinischen Unterstützungsstrukturen, die die spezifischen Bedarfe gewaltbetroffener Frauen ernst nehmen.
Ungewollt schwangere Frauen in Gewaltbeziehungen brauchen Schutz, nicht zusätzliche Hürden. Sie brauchen Unterstützung, keine Bevormundung. Die ELSA-Studie muss ein Weckruf für Politik und Versorgungssystem sein.
*Hintergrund:
Gegenstand der ELSA-Studie („Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer – Angebote der Beratung und Versorgung“) waren zum einen die Belastungen von Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft austragen oder abbrechen. Zum anderen wurde der Stand der psychosozialen und medizinischen Unterstützungs- und Versorgungsangebote mit unterschiedlichen Erhebungsmethoden und Datengrundlagen untersucht.
In einer Zusatzbefragung vulnerabler Gruppen wurden unter anderem auch Frauen befragt, die zum Zeitpunkt der Schwangerschaft Gewalt in der Paarbeziehung erlebt haben,
ELSA-Abschlussbericht: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/studien-ungewollte-schwangerschaft-veroeffentlicht.html