GREVIO-Evaluation Deutschland

Im Jahr 2018 hat sich Deutschland zur Umsetzung der Istanbul-Konvention verpflichtet. Im Anschluss an einen Staatenbesuch des Expert*innenkomitees GREVIO, das die Umsetzung der Konvention in den Vertragsstaaten untersucht, wurde im Oktober 2022 ein ausführlicher Bericht zur Situation in Deutschland veröffentlicht.

GREVIO stellt hierbei eklatante Mängel fest und stellt der Bundesrepublik ein schlechtes Zeugnis aus. So mahnt GREVIO die Einführung einer staatlichen Koordinierungsstelle an, die eine Gesamtstrategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention verfolgt. Es fehlt an angemessenen finanziellen Ressourcen zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt sowie an der notwendigen Infrastruktur zur Unterstützung von Betroffenen. Insbesondere Frauen mit Fluchterfahrung sind in Deutschland nicht ausreichend vor Gewalt geschützt.

Der GREVIO-Bericht liegt in einer Kurzzusammenfassung sowie in einer Langversion zum Download vor:

Der bff hat ein Statement zur Veröffentlichung des GREVIO-Berichts verfasst und teilt darin die wesentlichen Forderungen des GREVIO-Expert*innen-Teams:

  • Die stärkere Berücksichtigung von Betroffenen, die (mehrfach)diskriminierten Gruppen angehören, wie Frauen mit Behinderungen oder Fluchterfahrung (u.a. Artikel 4).
  • Das Bereitstellen angemessener finanzieller Ressourcen für alle Strategien und Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt, inklusive der Unterstützungseinrichtungen (Artikel 8).
  • Die von GREVIO angemahnte Einführung einer staatlichen Koordinierungsstelle mit der Aufgabe, alle Maßnahmen und Umsetzungsschritte zu koordinieren (Artikel 10).
  • Die systematische und obligatorische Schulung von Fachkräften aller Professionen, die mit Betroffenen oder Tätern geschlechtsspezifischer Gewalt zu tun haben, wobei insbesondere im Bereich der Justiz das Entlarven von Geschlechterstereotypen beinhaltet sein sollte (Artikel 15) sowie das Bewusstsein für die Dynamik von Gewalt in Beziehungen und die Gefahr von Tötungen geschärft werden muss (Artikel 46).
  • Der Ausbau der Unterstützung durch spezialisierte Fachberatungsstellen (Artikel 22) und Frauenhäuser (Artikel 23).
  • Die Verbesserung der medizinischen (Akut)Versorgung und Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt (Artikel 25).
  • Die Gewährleistung, dass Verfahren und Entscheidungen in Fragen des Sorge- und Umgangsrechtes die Sicherheit von Frauen nicht gefährden (Artikel 31).
  • Die Verkürzung der Dauer von Strafverfahren (Artikel 49 und 50).
  • Verfahren der systematischen und geschlechtersensiblen Risikobewertung flächendeckend zu gewährleisten (Artikel 51).

Das Statement kann hier heruntergeladen werden: